Aus der Geschäftsstelle
Jahrzehnte durchgetaktet – jetzt «schaue ich zuerst mal, was kommt»
Nach dreissig Jahren und sieben Monaten, fünf Präsidenten, einer Präsidentin, drei Geschäftsleitern und zwei Co-Geschäftsleiterinnen geht Barbara Brügger, Leiterin Kaufmännische Bewirtschaftung, in die wohlverdiente Pension.
«Freude herrscht», so stand es im Begleitschreiben zu ihrem Arbeitsvertrag. Eigentlich hätte Barbara Brügger bereits die Zusage für eine anderen Stelle gehabt, doch als kurzfristig ein Angebot der abl kam, habe sie nicht Nein sagen können. Es war der Anfang einer langen, vielseitigen und spannenden Zeit. Ihren Entscheid hat sie bis heute nicht bereut. Die Freude ist bis zum Schluss geblieben.
Vielseitig wie kein anderer Job
Darlehenskasse (heute Depositenkasse), «rechte Hand» des Geschäftsleiters, subventionierte Wohnungen betreuen, Lohnzahlungen, Layout des abl-Mitteilungsblatts (heute abl-magazin), Organisation der Generalversammlung, Protokolle, Leitung der Bewirtschaftung, Mitglied der Geschäftsleitung: Rückblickend sind es nur wenige Bereiche, in denen Brügger in den letzten 30 Jahren nicht gearbeitet hat. «Buchhaltung habe ich nie gemacht, das ist auch gut so», fügt sie lachend an. «Ich bin definitiv ein Wort- und kein Zahlenmensch.» Mit dem Wachsen und Weiterentwickeln der abl hat sich ihr Arbeitsinhalt stets verändert und weiterentwickelt. «Meine Stelle hat gewechselt, nicht ich die Stelle. So blieben die Aufgaben immer spannend für mich, und mit der Zeit und meinem breiten Wissen konnte ich auch immer mehr Verantwortung übernehmen. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum ich geblieben bin – die abl ist mir ans Herz gewachsen.»
Vom Auslaufmodell zur gefragten Vermieterin
Dass ihr die abl bis heute eine Herzensangelegenheit geblieben ist, ist offensichtlich. Sie zeigt sich zum Beispiel in ihrer Begeisterung beim Blick auf die Arbeiten, die sie erledigt hat: «Meine erste Erstvermietung, jene der Tribschenstadt, war ein Highlight. Schon damals wurden wir kritisiert, dass wir teure Wohnungen bauen. Heute sind die Wohnungen sehr gefragt und günstig.» Auch die anderen Erstvermietungen seien jedes Mal grossartig gewesen, vor allem auch, weil die abl dann neuen Wohnraum anbieten konnte. Und auch die Zwischennutzungen vor dem Rückbau bei Ersatzneubauten bleiben ihr als etwas Besonderes in Erinnerung.
Guter Mix und sehr günstige Wohnungen
Stolz erzählt sie weiter, dass die abl bei Sanierungen ihrer Siedlungen keine Kündigungen hat aussprechen müssen. «Das war jeweils viel Aufwand für die Bewirtschaftung, doch das gute Gefühl, dass beim Start der Bauarbeiten alle Mietenden ein neues Zuhause gefunden haben und wir dabei helfen konnten, ist unbezahlbar.» Was Brügger besonders freut: «Vor rund 20 Jahren hiess es, dass Genossenschaften ein Auslaufmodell seien. Heute sind sie als Vermieterinnen von preisgünstigen Wohnungen wieder gefragt, und das mehr denn je.» Und immer wieder kommt die Genossenschafterin in ihr zum Vorschein, wenn sie über die abl und vor allem über Wohnraum spricht: «Wachstum ist wichtig für Genossenschaften. Wir müssen mehr Wohnungen bauen, auch wenn wir im Moment in der Kritik stehen, weil die neuen zu teuer sind. Der Entzug von Wohnraum aus der Spekulation bringt langfristig gedacht einen positiven Effekt. Ich wiederhole gerne nochmals, dass die Wohnungen in der Tribschenstadt damals als teuer galten, doch heute sehr günstig sind. Die abl hat heute einen guten Wohnungsmix mit teureren und ganz vielen günstigen Wohnungen – für Menschen, die günstigen Wohnraum brauchen und auch schätzen.» Sie wünsche sich, dass die abl gesund weiterwachse und diesen Mix behalten könne. «Das bedeutet, dass wir weiterhin Sorge tragen müssen zum Bestand. Und wer weiss, vielleicht prüft die abl auch mal, ob sie die ganz günstigen Wohnungen ausschliesslich an Menschen mit geringem Einkommen vergeben möchte.»
Vom familiären Betrieb zum modernen KMU
Spricht Brügger von den Unterschieden zwischen der damaligen und heutigen abl, fällt schnell auf, welche Entwicklung die Genossenschaft in den letzten dreissig Jahren gemacht hat. Heute sind es fast doppelt so viele Mitglieder, mehr Gelder, die die abl verwaltet, auch mehr Wohnungen. Der Arbeitsumfang hat mit der Zeit stark zugenommen. Mit der Erneuerungs- und Neubauphase hat sich die Genossenschaft kontinuierlich vom damaligen familiären Betrieb zum modernen KMU entwickelt. «Auch die Arbeitsinstrumente haben sich stark verändert. Als ich angefangen habe, hatten wir noch keine Computer, sondern elektrische Schreibmaschinen, Telefax, ganz zu Beginn sogar Telex.» Eine wichtige Entwicklung sei auch die Schaffung der Sozialberatungsstelle gewesen und die Festschreibung der Genossenschaftskultur in den Statuten. Beide seien für die Bewirtschaftung von grossem Wert.
Die lange Liste
«Mein erstes Projekt nach der Pensionierung ist es, mich an den neuen Lebensabschnitt zu gewöhnen. Und zwar so: nichts planen, entschleunigen, Musse haben und schauen, was kommt. Ich war die letzten Jahrzehnte immer durchgetaktet. Jetzt schaue ich zuerst mal, wie lange es geht, bis mir langweilig wird.» Brügger freut sich sehr darauf, Zeit zu haben für spontane Kaffeerunden mit Schwatz, mal den Sonnenaufgang auf der Rigi zu geniessen, länger mit ihrem Pferd auszureiten oder Freunde zu besuchen, Neues auszuprobieren oder später auch Freiwilligenarbeit zu leisten. Mit Langeweile ist wohl kaum so bald zu rechnen.