Genossenschaftskultur

Zämecho im Pavillon

Einmal im Monat treffen sich die Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung Obermaihof im Pavillon zu Kaffee, Gipfeli und Gesprächen. Der Treffpunkt bietet eine einfache Möglichkeit, neue Kontakte in der Nachbarschaft zu knüpfen.

Am «Zämecho» im Obermaihof wird rege kennengelernt und vernetzt.

Ein strahlender Vorfrühlingstag Mitte März. Die Sonnenstrahlen sind angenehm warm, die ersten Knospen brechen auf. Der lange Tisch im Pavillon der Siedlung Obermaihof ist einladend gedeckt: frische Gipfeli, selbst gebackene Muffins, ein Teller mit Salamettli und Roggenbrot, Kaffee und Tee. Beatrice «Bea» Langenbacher begrüsst die Ankommenden mit einem Lächeln. «Mit unserer Initiative ‹Zämecho› wollten wir einen Ort schaffen, wo sich Menschen treffen können – ohne Verpflichtung, ohne Anmeldung, einfach spontan und unkompliziert», sagt sie. Es gibt keine festen Regeln, keine Verpflichtungen. «Wer etwas mitbringen will, bringt etwas mit. Wer ein Nötli oder einen Batzen in der Tasche hat, legt eine Kleinigkeit in die Kasse. Aber niemand muss.»

«Zämecho im Pavillon» entstand aus einem Bedürfnis: Gerade für ältere oder alleinstehende Menschen sei es oft nicht leicht, neue Kontakte zu knüpfen, sagt Bea Langenbacher. «Viele Eltern mit kleinen Kindern begegnen sich auf dem Spielplatz, aber für Seniorinnen und Senioren gibt es weniger solche Orte.» Die monatlichen Treffen sollen eine Brücke schlagen, Hemmschwellen abbauen und Nachbarschaft erlebbar machen. Meistens kommen zwischen 12 und 15 Personen, heute sind es etwa zehn. Platz gäbe es für mehr, deshalb freut sich das Organisationsteam über jede neue Besucherin und jeden neuen Besucher.

Vom Seeblick in die Genossenschaft
Eine, die heute am langen Tisch Platz genommen hat, ist Rita Estermann Abt. Sie lebte lange mit ihrem Mann in einer geräumigen Wohnung im Luzerner Salzfassquartier – Seeblick inklusive. Doch als das Alter langsam spürbar wurde, entschieden sie sich für einen Umzug in eine Genossenschaftswohnung im Obermaihof. «Viele fanden es mutig, dass wir unsere Wohnung aufgegeben haben», erzählt sie. «Aber wir wollten an einem Ort leben, der altersfreundlicher ist – mit Lift, guter Anbindung und einer aktiven Nachbarschaft.»

Bereut haben sie den Entscheid keinen Moment. «Im Obermaihof haben wir genau das gefunden, was wir gesucht haben. Wir sind hier mitten im Leben», sagt sie und strahlt. Ihr Mann, Pietro Abt, ist künstlerisch tätig und hat den Flyer für den «Zämecho»-Treff gestaltet. Darauf sind Kaffeetassen zu sehen – eine mit einem Henkel in Form eines Ohres. «Zu einem guten Austausch gehört auch, dass man einander zuhören kann», sagt er.

Begegnung zwischen Generationen
Obwohl die meisten Besucherinnen und Besucher älter sind, gibt es immer wieder Durchmischung. Heute ist der jüngste Gast Seya, ein zehn Monate altes Baby, das fröhlich über den Boden krabbelt. Svenja Wolfisberg, die Mutter, nutzt den Anlass, um das neue Gästezimmer an der Maihofhalde bekannt zu machen – ein weiteres gemeinschaftsförderndes Angebot in der Siedlung Obermaihof (siehe Box).

Pia von Rotz ist zum ersten Mal dabei. Sie arbeitet als Sozialarbeiterin im Kanton Schwyz und hat normalerweise keine Zeit für die Treffen. Doch weil die Urschweiz heute den «Seppitag» feiert, nutzte sie die Gelegenheit. «Ich hätte meinen Kaffee auch allein zu Hause oder irgendwo in einem Lokal in der Stadt trinken können», sagt sie, «aber ich wollte bewusst hierherkommen.» Sie wohnt allein und schätzt solche niederschwelligen Angebote. «Man lebt inmitten von vielen Menschen, und doch ist es nicht immer einfach, ins Gespräch zu kommen. Der Pavillon mitten in der Siedlung hilft dabei.»

Ein Raum für Geschichten und Erinnerungen
Eine der treuesten Besucherinnen ist Sophie Durrer, bald 80-jährig. Sie lebt unten an der Maihofmatte – just in jenem Haus, in dem sie einst als Kind aufgewachsen ist. Nach vielen Jahren, in denen sie in anderen Quartieren lebte, kehrte sie vor 15 Jahren zurück in den Obermaihof. «Vieles hat sich verändert», sagt sie. «Doch ich fühle mich sehr wohl hier.» Trotz ihres Alters ist Sophie Durrer aktiv. Bis vor wenigen Jahren war sie oft auf dem Jakobsweg unterwegs, und auch heute wandert sie noch immer gerne. «Der Glauben spielt für mich eine Rolle, aber noch mehr geht es mir um die Bewegung. Über die Füsse ordnet sich viel», sagt sie und lächelt freundlich.

Das «Zämecho»-Treffen mag ein kleines Ereignis sein, doch es hat eine grosse Bedeutung. Es ist mehr als Kaffee und Gipfeli. Es ist ein Ort des Zuhörens, des Lachens, des Erinnerns. «In einer Zeit, in der vieles immer schneller wird, tut es gut, einfach mal zu verweilen und miteinander zu reden», sagt Mitorganisatorin Bea Langenbacher. Man könnte auch sagen: Der Pavillon ist ein Ort, an dem aus Nachbarn Freundschaften entstehen können. Ein Ort, an dem man nicht nur kommt, sondern auch bleibt.

Das nächste «Zämecho» im Pavillon findet am 10. April und am 12. Mai statt. Wer vorbeikommen will, ist herzlich willkommen – mit oder ohne Gipfeli.

Ein Gästezimmer entsteht

In der Siedlung Obermaihof entsteht schon bald ein neues Angebot für alle Mieterinnen und Mieter – respektive für deren Besucherinnen und Besucher. In einem Atelierraum an der Maihofhalde 28 entsteht ein Gästezimmer, das künftig unkompliziert für Besuchspersonen gemietet werden kann. Initiiert wurde das Angebot vom neu gegründeten Verein Gästezimmer Obermaihof. Am 10. April (10 Uhr), 12. April (16 Uhr) und 25. April (17 Uhr) öffnet der Verein das Gästezimmer für alle Interessierten.