Aus der Geschäftsstelle

Wenn der Schall von nebenan stört

Wenn das Fest der Nachbarn den Schlaf raubt, spielende Kinder die Homeoffice-Arbeit stören, Musikliebhaber uns ihre Lieblingsmusik zumuten: Das Thema Lärm beschäftigt. Das zeigen die Resultate unserer Mieterschaftsbefragung.

Wenn Geräusche von nebenan stören, zuerst das Gespräch suchen.

Schätzen Sie es, wenn Sie Geräusche von Nachbar*innen hören, oder fühlen Sie sich gestört? Oder gehören Sie zur robusten Sorte, mit Nerven wie Stahlseilen – kann Sie fast nichts aus der Fassung bringen? Geräusche im und ums Haus können je nach Empfinden angenehm und bereichernd sein oder zur Belastung werden und zu Spannungen führen. 

Ältere Häuser sind ringhöriger, dafür günstiger
Die abl besitzt inzwischen rund 2200 Wohnungen. Rund ein Drittel ist neu gebaut oder totalsaniert. Neu gebaute Wohnungen sind nahezu schalldämmend gebaut, totalsanierte Wohnungen – wie im Himmelrich 1 und 2 oder im Weinbergli – weisen dank neuen Fenstern oder dämmenden Materialien einen verbesserten Schallschutz auf. Auf Geräusche bezogen heisst das: Wer in einer Neubauwohnung wohnt, hört wenig von Nachbar*innen, wer in einer sanierten Wohnung wohnt, hört weniger. Wer jedoch in einem unsanierten Altbau wohnt, hört mehr, profitiert aber von tiefen Mietzinsen.

Unterschiede zwischen Neu- und Altbauten sind spürbar
Wie störend Geräusche von Nachbar*innen, Kindern oder Strassenlärm für die abl-Mieter*innen sind, zeigt ein Blick auf die Resultate unserer 2023 durchgeführten Mieterschaftsbefragung: Rund ein Drittel aller Antwortenden ist mit dem «Lärm- und Schallschutz» in der Wohnung wenig bis gar nicht zufrieden. Auf einzelne Siedlungen bezogen fällt auf, dass dieser Wert in neu gebauten und sanierten Häusern viel besser ist. In älteren und unsanierten Häusern hingegen ist diese Unzufriedenheit mit ein paar Ausnahmen um einiges höher. Man hört dort die Tritte, Stühlerücken, nachts die WC-Spülung, sogar normale Gespräche von Nachbar*innen. Auch sind die Fenster weniger isoliert. So dringt Lärm von aussen eher in die Wohnung.

Alte Bauweise, mehr Probleme? Das muss nicht unbedingt sein
Bleiben wir bei den unsanierten Altbauten. Aufgrund der Umfrageresultate kann zwar abgeleitet werden, dass «Lärm» in älteren Häusern grundsätzlich mehr stört. Blickt man etwas genauer in die Umfrageresultate, gibt es durchaus Siedlungen, die unter dem abl-Durchschnitt liegen. So zum Beispiel in verschiedenen Häusern im Studhalden. Sind dort die Menschen generell viel entspannter? Beeinflusst das viele Grün und die Waldnähe die Zufriedenheit? Kennen Menschen einander besser? Wird mehr Rücksicht und gegenseitige Toleranz gelebt? Oder leben nur ruhige Menschen dort? Katrin Burri, Fachfrau Genossenschaftskultur und Soziales, berät und vermittelt Mieter*innen, wenn es zu Klagen kommt. Im nachfolgenden Interview gibt sie einen Einblick ins Thema. 

 

Katrin Burri: «Die besten Lösungen ergeben sich dann, wenn beide Seiten bereit sind, die Sicht des Gegenübers anzuerkennen.»

Katrin Burri, was verstehen Sie unter Lärm in Bezug auf das Wohnen?
Als «Lärm» kann bereits eine gut hörbare Aktivität der Nachbar*innen empfunden werden, wenn man selbst gerade gerne Ruhe hätte. Grundsätzlich will man in der eigenen Wohnung nicht zu viel von dem hören, was Nachbar*innen machen. Der Rückzug in die eigenen vier Wände ist etwas Wichtiges. Wohnen ist etwas Privates und Intimes. Zu viel Fremdes, beispielsweise Schall, kann stören. Die Wahrnehmung von Lärm hängt stark von der Person ab, die sich gestört fühlt. Nicht alle Menschen stören die gleichen Geräusche. Gewisse Menschen schätzen es sogar, dass sie hörbare Nachbarn um sich haben. Sie schätzen das Leben um sich herum und das Gefühl, nicht allein zu sein.

Was gilt beim Wohnen aus rechtlicher Sicht nicht als «Lärm»?
Spielende Kinder oder weinende Kinder (auch nachts) gelten nicht als Lärm. Die Nutzung der Wohnung mit den normalen Aktivitäten des täglichen Lebens gilt nicht als Lärm. Tagsüber besteht also kein Recht auf Ruhe in einer Mietwohnung – auch wenn man für Prüfungen lernt oder konzentriert Büroarbeiten erledigen muss. Wer in ein Familienquartier mit vielen Familienwohnungen zieht, muss mit spielenden Kindern im und ums Haus leben können. 

Welche Lärm-Reklamationen treffen am häufigsten bei der abl ein?
Es sind vor allem Reklamationen über Kinderlärm, Trittschall oder laute Musik. Die meisten Meldungen betreffen «Lärm» ausserhalb der Ruhezeiten. In diesen Fällen besteht kein Verstoss gegen die Hausordnung oder das Mietrecht. Wir versuchen hier zu vermitteln und zu beraten, wie ein friedliches Nebeneinander im Haus wieder möglich ist. Zu erwähnen gilt, dass viele Wohnungen der abl älter sind und die Schalldämmung daher begrenzt ist. Dort ist es normal, dass man Nachbar*innen hört, sobald sie zu Hause sind: Man hört die Klospülung rauschen, Menschen herumlaufen und auch, wenn sie diskutieren, lachen oder mal streiten. Man hört die Kinder spielen und man hört oft auch, wenn der Fernseher läuft. Neubauten haben viel besseren Schallschutz, von dort erreichen uns deutlich weniger Lärmklagen.

Wie können Mieter*innen vorgehen, wenn sie nachbarschaftliche Geräusche stören?
Das Wichtigste ist: Das Gespräch mit den Nachbar*innen suchen. Die eigene Wahrnehmung möglichst neutral und ohne Schuldzuweisung schildern. Eine höfliche Bitte formulieren, was man sich wünscht, ist wirkungsvoller, als eine direkte Forderung nach Ruhe anzubringen. Hilfreich sind hier gegenseitige Informationen zum Tages- oder Wochenablauf: Zu welchen Zeiten bin ich nicht da und niemand muss Rücksicht nehmen? Zu welchen Zeiten oder an welchen Tagen ist es für mich besonders wichtig, dass es ruhig ist? Gibt es Räume in der Wohnung, die ruhiger sind? Wo sollten Kinder zu bestimmten Zeiten nicht spielen, weil unterhalb jemand schlafen möchte? Am hilfreichsten ist es, wenn man die Nachbarn gut mag. Von freundlichen und uns sympathischen Menschen sind wir viel eher bereit, Störungen zu ertragen oder zuzuhören. Ebenfalls hilfreich ist Toleranz und das Bewusstsein, dass es viele verschiedene Musikrichtungen, Erziehungsstile, Kinderpersönlichkeiten oder Tagesabläufe gibt, ohne Anspruch darauf, dass die eigenen Ansichten auch für die Nachbar*innen die richtigen sind.

Gibt es aus Ihrer Erfahrung Lösungsansätze ein solchen Konflikten?
Konflikte sollten die betroffenen Mietparteien immer direkt miteinander aushandeln. Die besten Lösungen ergeben sich dann, wenn beide Seiten aktiv mitarbeiten und bereit sind, die Sicht des Gegenübers anzuerkennen. Ich mache oft die Erfahrung, dass viele Menschen, die sich erstmalig beschweren, in erster Linie Informationen brauchen über die bestehenden Möglichkeiten, Rechte und auch Pflichten. Viele Mieter*innen wissen nicht, worauf sie Anspruch haben oder wo die Grenzen der Ansprüche liegen. Dies versuche ich jeweils aufzuzeigen. Ich berate immer dahingehend, dass zuerst selbst das direkte Gespräch mit den Nachbar*innen gesucht wird, bevor die abl interveniert. Bei einigen Menschen löst dies Widerstand aus. Sie entscheiden sich dann dazu, lieber mit der Störung zu leben, als den Kontakt aufzunehmen. Das ist legitim, aber erleichtert das Zusammenleben nicht. 

Mieterschaftsbefragung 2023

2023 führte die abl eine Mieterschaftsbefragung zur allgemeinen Wohnzufriedenheit durch. Rund ein Drittel der Befragten hat der abl ein gutes Zeugnis ausgestellt. Zusätzlich zu den einzelnen Fragen sind mehrere hundert individuelle Rückmeldungen in Form von Anregungen und Wünschen eingegangen. Diese Themen greifen wir an dieser Stelle regelmässig auf. Weitere Infosfinden Sie hier: abl.ch/befragung