Genossenschaftskultur

«Ich freue mich immer, wenn ich im Quartier auf Nachbarn treffe»

Ein typischer Abend zu Hause bedeutet für Roland Beyeler, etwas Leckeres zu kochen, sich mit seinem Ehemann Daniel auszutauschen, zu lesen oder einen Film zu schauen. Ein gutes Siedlungsleben heisst für ihn, echte Kontakte mit Nachbar*innen zu pflegen.

Roland Beyeler unterwegs mit der Hündin Emma.

Roland geniesst seit 2019 mit Daniel das gemeinsame Zuhause im Himmelrich 3: «Ich arbeite in verschiedenen Jobs und bin oft unterwegs. Unsere Wohnung ist für mich ein Rückzugsort. Er bedeutet heimkommen, herunterfahren, entspannen und sich wohlfühlen.»

Zu dieser wohligen Atmosphäre hat sich vor bald einem Jahr auch Emma gesellt, eine Boxer-Welpe: «Emma macht uns grosse Freude. Wir spielen und kuscheln mit ihr, gehen zusammen spazieren. Unsere Leben waren schon vorher sehr erfüllt, nun ist sie da und bereichert es noch mehr, quasi als neues Familienmitglied. Ich könnte es mir nicht mehr anders vorstellen.»

Gegenseitiges Interesse und Anteilnahme stärkt die Nachbarschaft 
Wenn Roland und Daniel abends zu Hause sind, kochen sie gerne für sich und auch für Gäste. Meist kocht der eine und der andere räumt die Küche auf. «Wann immer möglich essen wir gemeinsam, geniessen es, einander vom Erlebten des Tages zu berichten oder über aktuelle Themen zu diskutieren. Oft laden wir Freunde dazu ein oder auch Nachbarn. An den abl-Mitwirkungsanlässen haben wir viele Menschen kennengelernt. So kann ich heute kaum noch einkaufen gehen, ohne dass ich nicht jemanden aus der Siedlung treffe und wir uns austauschen. Die Gespräche sind selten oberflächlich, man ist gegenseitig interessiert, nimmt Anteil und schaut aufeinander. Das gibt mir das Gefühl von echter Nachbarschaft.»

Für Roland ist das die Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Siedlungsleben: «Ich glaube, meine Nachbarn spüren meine Freude, wenn ich sie treffe. Ich interessiere mich ehrlich für sie. Das ist mein Naturell.» Auch an Siedlungsaktivitäten beteiligen sich Roland und Daniel gerne. So zum Beispiel am Running Dinner, das in diesem Jahr zum zweiten Mal durchgeführt wird. Roland hat sich zudem in der Meersäuli-Gruppe engagiert und mitgeholfen, die drei Meersäuli ins Himmelrich zu bringen.

Alle können, niemand muss
Seine Nachbarschaft erlebt Roland einerseits vielfältig: Familien, Singles, Heteros und gleichgeschlechtliche Paare ..., andererseits hat er den Eindruck, dass viele Menschen in der Siedlung ähnliche Werte und politische Ansichten teilen. Auch wenn Roland seine Nachbarschaft als sehr vertraut wahrnimmt, trifft er auch nach sechs Jahren noch Menschen, die er noch nie gesehen hat. «Erst über Emma haben wir zum Beispiel ein Paar mit Hund im gleichen Alter wie Emma kennengelernt, das genauso lange im Himmelrich lebt wie wir.» In der Grösse der Siedlung sieht Roland auch einen Vorteil. Sie ermöglicht eine gewisse Anonymität. «Man kann in Kontakt kommen, muss aber nicht.»

Dass im Himmelrich 3 aktiv gelebt wird, hat auch seine Kehrseiten
Ebenfalls durch Emma, die es am Anfang sehr toll fand, alles, was ihr vor die Nase kam, zu fressen, fiel Roland auf, dass rund um die Siedlung viel Abfall am Boden liegt. «Ich finde die Claridenstrasse seit jeher eine wunderbare Quartierstrasse. Durch Emma habe ich jedoch auf einmal wahrgenommen, wie viel Abfall überall herumliegt. Wir mussten aufpassen, dass sie nicht etwas Schädliches frisst. Dieser herumliegende Abfall ist wirklich sehr schade.»

Nebst dem Abfall können auch Dachterrassen-­Partys direkt über der Wohnung unangenehm sein. «Der Trittschall ist enorm und wenn oben gefeiert wird, kann es bei uns sehr laut werden.» Dauert der Lärm länger an, bitten wir die Leute um Rücksichtnahme. Das nützt meistens, ist aber nicht so nachhaltig, weil beim nächsten Mal wieder jemand anders auf dem Dach feiert. Roland meint dazu in versöhnlichem Ton: «Lärmemissionen muss man bis zu einem gewissen Grad akzeptieren. Bei all den Vorzügen, die dieses urbane Umfeld bietet, ist das die Kehrseite der Medaille. Alle müssen eine eigene Strategie entwickeln, damit umzugehen.» Roland ist trotzdem dankbar, im Himmelrich in einer Genossenschaftswohnung mit nachbarschaftlichem Umfeld zu wohnen: «Für mich ist das ein Privileg.»

Umgang mit Vielfalt

Dieses Porträt ist Teil des Projekts «Vielfalt in der abl». Diese Vielfalt kennt viele unterschiedliche Gesichter, Geschichten und Lebensmodelle – ganz so, wie das auch in der Schweizer Wohnbevölkerung ist. Unterschiedliche Lebensformen und Mentalitäten sind eine Tatsache, nicht nur in unseren Siedlungen. Wir gehen im magazin und an Anlässen der Frage nach, welche unterschiedlichen Menschen mit ihren individuellen Lebensgewohnheiten bei der abl wohnen und wie mit der Vielfalt in der unmittel­baren Nachbarschaft offen und wohl­wollend umgegangen werden kann.

Haben Sie eine Geschichte aus Ihrer Nachbarschaft zu erzählen? Haben Sie in Ihrer Siedlung etwas entdeckt, das Ihnen neu oder ungewohnt vorkommt? Erzählen Sie es uns! Wir freuen uns das ganze Jahr über Ihre Erfahrungen und Anregungen unter genossenschaftskultur (at) abl.ch oder 041 227 29 36.