Genossenschaftskultur

Foodcoop: Grosseinkäufe ohne Umwege

Windeln, Waschmittel, Mehl: Dies und anderes können Luzernerinnen und Luzerner über die neue Einkaufsgemeinschaft Foodcoop im Himmelrich 3 direkt bei Produzenten bestellen. Ein Beitrag für einen fairen und ökologischen Konsum.

Das Team der Foodcoop im Himmelrich 3 am ersten Verteiltag (v. l. Dominik Wicki, Cyrill Müller, Priska Lorenz, Christian Frank, Angela Meier, Edith Hausmann, Livio Brunner, Sandra Meier).

Das Einkaufsverhalten verändert sich – manchmal auch zurück zu den Ursprüngen. In Zeiten von Giga-Malls, Self-Scanning und Online-Shopping sind lokale Märkte, Gemüseabos oder Hofläden sehr gefragt. Denn eine wachsende Kundschaft kauft lieber beim Kleinproduzenten um die Ecke als beim Grossverteiler. Davon zeugen Einkaufsgemeinschaften, die sich in Städten von Berlin bis New York weltweit etablieren. Auch in Luzern: Mit der Foodcoop Himmelrich 3 wurde eine solche kürzlich in der gleichnamigen abl-Siedlung gegründet.
Der Gemeinschaftsraum gleicht an diesem Samstagnachmittag einer Markthalle. Auf den Tischen reihen und stapeln sich Windeln, Waschmittel, Mehlpackungen oder Nüsse. Bewohnerinnen und Bewohner erscheinen mit Handwagen, Tupperware und anderen Behältern. Heute ist der erste Verteiltag, an dem die gemeinsam bestellten Produkte abgeholt werden.
Die Idee dahinter ist einfach: Haushalte schliessen sich zusammen und bestellen Güter des täglichen Bedarfs direkt bei Betrieben in der Nähe. Die Konsumentinnen und Konsumenten sparen in vielerlei Hinsicht: Fahrten zum Geschäft, unnötige Verpackung und sogar Geld, weil der Zwischenhandel wegfällt. Der alte Gedanke erhält mit dem Prinzip der Sharing Economy und einer neuen Sensibilisierung für nachhaltige Themen kräftig Aufwind. Das hat auch der Bundesrat erkannt und fördert Foodcoops. Das Ziel ist bis 2030 ein Netzwerk von schweizweit 500 solcher Kooperativen.

Ein Früchteproblem stand am Anfang
Im Himmelrich 3 hatte es mit einem simplen Problem angefangen, vor dem der Bewohner Christian Frank stand: «Ich wollte Früchte beim nachhaltigen Importeur Gebana bestellen, aber die Mindestmengen waren mir zu gross. Also fragte ich in der Nachbarschaft, wer sich beteiligen möchte.» Bald bildete sich eine Gruppe von Gleichgesinnten, und die Frage nach Früchten wurde bald grösser diskutiert. «Ich war schon länger Mitglied bei FoodCoop Luzern», sagt Livio Brunner von der Gruppe. Diese Lebensmittelkooperative hat sich im Umfeld der Industriestrasse gegründet. Nach deren Vorbild nimmt nun die Foodcoop im Himmelrich 3 viermal im Jahr Bestellungen auf und verteilt sie anschliessend im Gemeinschaftsraum der Siedlung. Neu steht sie nicht nur Mieterinnen und Mietern der abl offen, sondern allen Interessierten (siehe Box). «Wir wollen damit Abfall und Foodwaste vermeiden und zudem regionale Produzentinnen und Produzenten unterstützen, die fair produzieren», sagt Mittäterin Angela Meier.
Digitalisierung und lokale Handarbeit gehen hier Hand in Hand: Über die Intranet-Seite erstellen Einkäuferinnen und Einkäufer ein Login und können danach das Sortiment sichten und Bestellungen erfassen. Die Gruppe profitiert von bestehenden Vorbildern und greift auf ein bewährtes Open-Source-Tool zurück. Das reduziert den administrativen Aufwand auf ein Minimum. Beim Start stehen acht verschiedene Betriebe mit ihren Produkten auf der Liste – jede und jeder in der achtköpfigen Gruppe ist für einen verantwortlich. Mehle kommen beispielsweise von der Altbachmühle in Wittnau, Nüsse und Trockenfrüchte von der Gebana, Windeln von Pingo, Hygieneprodukte von Kellenberger Naturprodukte und Soyafleischersatz von Soyana. Das Angebot darf noch wachsen, aber nicht um jeden Preis. «Falls jemand aus der Siedlung eine gute Idee hat, sind wir sehr offen», sagt Livio Brunner. Schliesslich gehe es auch darum, neue Produkte und Produzenten zu berücksichtigen, die noch nicht jeder kennt.

Am Verteiltag rüsten die Vereinsmitglieder die Einkäufe der Himmelrich-Foodcoop-Einkaufsgemeinschaft und die Bestellungen werden abgeholt.

Das Angebot steht allen offen
Das Prinzip bietet viele Vorteile: Anstatt, dass man sein Waschmittel immer wieder im Geschäft auffüllen lässt, kauft man sich einen grossen Kanister und stellt ihn in den Keller. Oder die Nüsse füllt man vom 5-Kilo-Sack im eigenen Behälter nach Bedarf ab. «Das ist doch ein cooler Service, man braucht kein Auto und spart sich den Weg», sagt Livio Brunner. Zudem trifft man als netten Nebeneffekt Gleichgesinnte und es entsteht ein Gemeinschaftsgefühl.
Der Ansturm ist am ersten Verteiltag noch nicht riesig. Die Gruppe hatte in den Wochen zuvor für ihr neues Angebot geworben und auf etwas mehr Bestellungen gehofft. Dennoch sind die Beteiligten zufrieden: Das Prinzipfunktioniert und die Idee stösst auf Anklang. «Die Rückmeldungen sind sehr positiv, ich bin überzeugt, dass das nächste Mal einige neue Interessenten dabei sind», sagt Angela Meier. Christian Frank ist überzeugt, dass sich die Foodcoop, die bisher aus Flyern und dem digitalen Auftritt bestand, nach dem Start schnell herumspricht. «Nun sieht man das Angebot erstmals und es wird konkreter.» Die Gruppe will weiter für die Idee sensibilisieren: «Wir können hier im Himmelrich 3 ein neues gesellschaftliches Mindset erreichen: Wie können wir anders einkaufen?», so Angela Meier.

Ergänzung zu Unverpackt-Läden
Die Betriebsgruppe hinter der Foodcoop hat weitere Ideen. Als ersten Schritt hat sie das Angebot auf Interessierte ausserhalb des Himmelrich 3 ausgeweitet. Eine andere Idee ist, zwischen den vier Verteiltagen spontane Verkaufsaktionen durchzuführen, wenn etwa ein Produzent Ausschussware loswerden muss. «Das Tool ermöglicht vieles, das müssen wir zuerst einmal ausprobieren», sagt Christian Frank.
Die wachsende Zahl von Unverpackt-Läden gibt der Gruppe Mut. Wird die Foodcoop nun zur Konkurrenz – etwa für den Quai 4 in Luzern oder den Bioladen fein.fair im Himmelrich 3, welche ähnliche Ziele verfolgen? Auf den ersten Blick ja, aber nur schon aufgrund des eingeschränkten Sortiments wird die Foodcoop die bestehenden Läden nicht ersetzen können und wollen. Die Einkaufsgemeinschaft verzichtet auf Frischprodukte und setzt auf lang haltbare Erzeugnisse. Vielmehr weist die Gruppe im Intranet auf das Angebot des Bioladens in der Nachbarschaft hin.
Und wie lautet die Bilanz des ersten Verteiltags? Für 2600 Franken wurde eingekauft, der Verein verdient daran nichts. Und was war am meisten gefragt? Mehl! 135 Kilogramm wurden verteilt.

Nachhaltig und fair einkaufen in Luzern
Weitere Adressen für den fairen Einkauf:
– Bio-Quartierladen: fein.fair im Himmelrich 3, Luzern
– Der Klassiker: Wochenmarkt in Luzern jeweils am Dienstag- und Samstagvormittag
– Unverpackt-Laden: Quai 4 der Wärchbrogg, Alpenquai Luzern; Unfahrpackt-Lieferservice; Migros Schweizerhof
– 24 Stunden geöffnet: Hofläden auf vielen Bauernhöfen
– Online-Shop für klimafreundliche Produkte: crowdcontainer.ch
– Mehr zum Thema bietet die Umweltberatung Luzern: umweltberatung-luzern.ch/foodcoop

Foodcoop Himmelrich 3
Die Foodcoop des Himmelrich 3 steht auch Interessierten ausserhalb der Siedlung und der abl offen. Nächstes Bestellfenster: 11. bis 31. Oktober, nächster Verteiltag: 12. November. 
Kontakt: foodcoop (at) hi3.lu oder via Himmelrich-3-Intranet: hi3.lu/foodcoop.